Investitionszuschüsse in der Doppik - ab sofort neue Schulden

(veröffentlicht am 06.01.2019)


Investitionszuschüsse (Kapitaltransferzahlungen) von Dritten sind ab der Doppikeinführung per 01.01.2020 Schulden!! Und dies sogar rückwirkend!! Traurig, aber wahr!


Wir sehen in dieser Abbildung ein Tabellenblatt aus der vom Autor erstellten Anwendung für die Erstellung des ersten Voranschlages und des ersten mittelfristigen Finanzplanes ab dem Haushaltsjahr 2020 (Beginn der kommunalen Doppik).

Laut VRV 1997 (Kameralistik) wurden alle Kapitaltransferzahlungen als Einnahmen und damit als Ertrag erfasst. Und waren somit de facto dem Eigenkapital zurechenbar! Siehe die obigen Konten der Klasse 8 im Kommentarfeld!

 

Das österreichische VR Komitee jedoch besteht darauf, dass ab 2020 alle Investitionszuschüsse [=Kapitaltransfers = SOPO ("Sonderposten")]  de jure und de facto als Schulden (=Fremdkapital) erfasst werden müssen. Somit erhöhen sich abrupt ab 01.01.2020 die Schulden jener österreichischen Gemeinden, die derartige Mittel in Anspruch genommen hatten oder diese in Anspruch nehmen werden!!

Herzerwärmend! Oder?

Naja, eigentlich zum Kotzen!


Exkurs dazu: Der Autor hat mehrere Rechnungsabschlüsse von deutschen Gemeinden aus unterschiedlichen Bundesländern analysiert und dabei festgestellt, dass die deutschen Gemeinden diese Kapitaltransfers in deren Eigenkapitalklassen erfassen!

Zwei Dinge sind mir nun klar geworden:

1. Die Tatsache, dass die Mitglieder des österreichischen VR Komitees nur anonym agieren!

2. Die Tatsache, dass uns viele Deutsche "liebevoll" als "DÖSIS" bezeichnen!


Auszug aus der Passiva der künftigen kommunalen Vermögensbilanz:

Ab der Position D werden nur noch Fremdkapitalpositionen dargestellt!


Fazit: Alle Kapitaltransferzahlungen sind ab 01.01.2020 für die österreichischen Gemeinden Schulden. Auch jene von der Europäischen Union!


Exkurs: Gedankenexperiment

Nehmen wir an, der österreichische Finanzminister würde morgen im Radio und Fernsehen verkünden, dass die bisher an die österreichischen Bauern gezahlten Subventionen in Milliardenhöhe ab sofort für die Bauern Schulden darstellen würden. 

Dann würde übermorgen solange ein Generalstreik ausbrechen, bis der Finanzminister diese Aussage bedauernd zurücknimmt!


Warum  sollte dennoch jede österreichische Gemeinde die für Investitionen erhaltenen Kapitaltransferzahlungen so weit wie möglich rückwirkend erfassen?


Antwort: Weil die ertragswirksame Auflösung der Kapitaltransfers zum Haushaltsausgleich im Ergebnishaushalt wesentlich beitragen kann!!


In dieser Abbildung sieht man die Resultate der Erhebung von "Sonderposten"!

Die Investitionszuschüsse sind nicht mit dem ursprünglichen Nominale zu erfassen sondern mit dem "fortgeschriebenen" Nominale!

[Anmerkung: hier irrt der Steirische Leitfaden "Erstbewertung ...", a.a.O, Seite 125. Das dazugehörige Beispiel Nr. 44 gibt aber die richtige Interpretation wieder].

Hinweise:

  • Werden die Investitionszuschüsse nicht erfasst, fallen trotzdem die Abschreibungen im Gesamtbetrag von 1.064.050;-- € an!
  • Mit der Erfassung der Investitionszuschüsse tragen diese mit 155.420,-- € zum Ausgleich des Ergebnishaushaltes bei!
  • Dafür kann jeder Euro wichtig sein! Ist nämlich der Ergebnishaushalt nicht ausgeglichen, ist ein "Haushaltskonsolidierungskonzept" (zumindest in NÖ laut §72 b NÖ GO) vorzulegen! Und so etwas ist sicher nicht allzu "lustig"!