Analyse des Voranschlages 2020 - Wertvolle Tipps für Gemeindefunktionäre sowie für interessierte Bürgerinnen und Bürger


1. Die "FREIE FINANZSPITZE" - nach wie vor eine zentrale Kennzahl


Die Freie Finanzspitze ist sehr einfach zu ermitteln. Aus der Finanzierungsrechnung entnimmst Du den Saldo 1 und ziehst davon die Auszahlungen aus der Tilgung von Finanzschulden ab (Kennzahl 361)! 


a) Beispiel Gemeinde aus dem Wienerwald:

Wichtige Erkenntnis:

Die Freie Finanzspitze ist positiv. Das bedeutet, die bestehenden Schulden können aus laufenden Eigenmittel finanziert werden! Darüber hinaus können geplante Investitionen   im Betrage von € 825.400 finanziert werden (=Selbstfinanzierung).

Dies ist sehr gut für diese Gemeinde!


b) Beispiel NÖ Stadt mit ca. 26.000 Einwohnern:

Diese NÖ Stadt mit ca. 26.000 Einwohnern hat eine geringere Freie Finanzspitze als die Gemeinde aus dem Wienerwald mit rund 2.500 Einwohnern.


c) Beispiel NÖ Markt-Gemeinde mit rund 15.000 Einwohnern:

Diese bekannte NÖ Marktgemeinde weist eine negative Freie Finanzspitze auf.

Was bedeutet das?

  • Die laufenden Tilgungsquoten für die bestehenden Schulden können nicht aus dem Saldo 1 (Überschuss der operativen Gebarung) bedient werden.
  • Es besteht die Gefahr der "Schuldenreiterei". Es müssen neue Schulden aufgenommen werden, um die alten zurückzahlen zu können!
  • Diese Performance führt zu einem negativen Haushaltspotential. Damit ist die Einleitung eines Sanierungskurses unbedingt notwendig! Harte Diskussionen, Schritte und Schnitte stehen bevor.

2. DER SALDO 5 der FINANZIERUNGSRECHNUNG

Der Saldo 5 der Finanzierungsrechnung zeigt, ob die Einzahlungen und Auszahlungen ausgeglichen sind. Ist der Saldo 5 Null oder größer Null, ist der Planungsvorgang ausgeglichen.

Dies jedoch ohne Berücksichtigung des Zahlungsmittelanfangsbestandes!

Da es äußerst schwierig ist, den Anfangsbestand der Zahlungsmittel zu planen, schlägt der Autor vor, diesen am Planungsbeginn vorhandenen Anfangsbestand für die gesamte Planungsdauer als "Eiserne Reserve" "einzufrieren"! Dies führt dann dazu, dass Minusstände des Saldo 5 bedeckt werden müssten! 


a) Beispiel Gemeinde aus dem Wienerwald (2.500 Ew)

Diese Gemeinde aus dem Wienerwald weist einen Minusbetrag von € 426.000,-- aus. Es gibt keinen Hinweis auf die mögliche Höhe des  Zahlungsmittelanfangbestandes.


b) Beispiel NÖ-Stadt mit ca 26.000 Einwohnern:

Diese Stadtgemeinde weist einen Minusbetrag von € 3.523.600,-- aus. Es gibt keinen Hinweis auf die mögliche Höhe des  Zahlungsmittelanfangbestandes.


c) Beispiel NÖ-Marktgemeinde mit rund 15.000 Ew:

Der Saldo 5 beträgt Null. Die Finanzierungsrechnung ist ausgeglichen. Es gibt keinen Hinweis auf die mögliche Höhe des  Zahlungsmittelanfangbestandes.


Achtung: Gefahr der "Luftfinanzierung" bei nicht mit Geld gedeckten Rücklagen

(veröffentlicht am 09.01.2020)


Bedauerlicherweise unterliegen manche Gemeinden dem fatalen Irrtum, dass sie mit nicht in Geld gedeckten Rücklagen (kamerale Rücklagen ohne ZMR) geplante Investitionen bedecken könnten!

Das dies nicht funktionieren kann, beweist der Autor nachstehend anhand einer NÖ Gemeinde mit geradezu perfektem Rechnungswesen.


1. Feststellung der vorhandenen Rücklagen - Art und Höhe


Die oben stehende Abbildung ist selbsterklärend. Diese Gemeinde weist per 31.12.2019 und per 31.12. 2020 90.000,-- Euro als Zahlungsmittelreserve  (Geld gedeckte Rücklagen) aus.

Somit sind die Zuführungen und die Auflösungen im linken Teil der Abbildung nur für den Ergebnishaushalt, nicht aber für den Finanzierungshaushalt verwendbar!


2. Feststellung der geplanten Investitionen und deren Finanzierung mit Hilfe des Investitionsnachweises



Der Autor hat den Investitionsnachweis dieser Gemeinde gemäß obiger Abbildung analysiert.

Insgesamt sind es 13 Positionen, davon 12 "Projekte" und 1 Positionen für die "Sonstigen Investitionen" im Betrag von 88.000,-- Euro. Zusammengefasst ergibt sich daraus das nachstehende Bild:



In das Anlagevermögen der Gemeinde (Klasse 0) werden € 1.856.700,--, in diverse Aufwände

€  242.000,-- investiert. Insgesamt ergibt sich ein Investitionsbetrag von € 2.098.700,--, der entsprechend finanziert werden muss. 

Die obige Darstellung zeigt zusammengefasst die Finanzierungsüberlegungen der Gemeindeverwaltung. 

Die "Sonstigen Investitionen" befinden sich im operativen Haushalt und werden von vornherein von den operativen Einzahlungen bedeckt!


3. Alternativer Finanzierungsvorschlag des Autors


Natürlich wird der Autor bei den Gemeindeverantwortlichen einen "Schock" auslösen, wenn er laut obiger Abbildung vorschlägt, ein Darlehen von € 486.200,-- (anstatt von € 3.500,--) aufzunehmen, um die geplanten Investitionen finanzieren zu können. 

Es tut mir sehr leid, aber nach meinen Erkenntnissen ist das so!


4. Warum liegt der Autor (wahrscheinlich) richtig? Der Beweis ist der Saldo 5 der Finanzierungsrechnung!


Der Saldo 5 ist nach Ansicht des Autors die wichtigste Kenngröße der Finanzierungsrechnung. Dieser beträgt in Eurer Gemeinde - € 428.000,--, er ist negativ!

Er sollte nach Ansicht des Autors zumindest Null oder größer Null sein! Dann ist der Finanzierungshaushalt ausgeglichen, ohne Rücksicht auf etwaige Zahlungsmittelbestände!